RITA ROHLFING – ROTLICHTBEZIRK, Alte Rotation, LVR Landesmuseum, 2002
Zwischen Raumkörper und Farbe – eine Rauminstallation von Rita Rohlfing
Katharina Chrubasik
Die Architektur der Alten Rotation bildet immer wieder eine Herausforderung für die Künstlerinnen und Künstler. Der ehemalige Industrieraum mit seinen zahlreichen Nischen und unterschiedlichen Raumachsen hat auf die eine oder andere Art Einzug in die dort präsentierten Kunstwerke gefunden. Da gab es Ausstellungen, in denen die beiden Geschosse getrennt wurden wie bei der bunkerähnlichen Atmosphäre der Fotodokumentation „Dienststelle Marienthal“ des Aachener Fotografen Andreas Magdanz. Es wurden Installationen gezeigt, die das Untergeschoss unzugänglich machten wie der „Spookrijder“ von Hans van Meeuwen aus Köln oder Objekte, die die Treppe in die Inszenierung miteinbezogen, beispielsweise die Arbeit von Suse Wiegand, die mit fragilen Skulpturen das Betreten der Treppe unmöglich machte.
Aber kaum eine Künstlerin oder ein Künstler hat einen so radikalen Eingriff in die Architektur des Raumes vollzogen wie Rita Rohlfing mit ihrer Rauminstallation „Rotlichtbezirk“: Die Zweigeschossigkeit der Alten Rotation ist verschwunden.
Über den beiden sonst offenen Flächen liegen monumentale Kästen. Sowohl die Treppe als auch das Geländer werden von diesen Kästen verdeckt. Ihre Seiten bestehen aus auf einem Holzgerüst montierten Aluminiumplatten. Über diesem Rahmen ist an der Oberseite transparente Folie gespannt, durch die rötliches Licht in den Realraum abstrahlt. Erst beim Umschreiten der Rauminstallation und näherem Betrachten zeichnen sich unter der durchsichtigen Folie unterschiedliche Rotstufen ab. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass es kein direktes rotes Licht ist, sondern perfekte Illusion. Nichts ist so, wie es zu sein scheint, die Wahrnehmung des Kunstwerks ist relativ.
Das rötliche Licht wird durch das Abstrahlen von rotgefärbten Folienbahnen, die unterhalb der Kästen, im Erdgeschoss der Alten Rotation liegen und von Scheinwerfern angestrahlt werden erzeugt. Durch diesen vehementen Eingriff in die Architektur der Alten Rotation vollzieht sich eine Bedeutungsverschiebung vom „stillgelegten“ Industrieraum hin Farbraum. Doch dieser Farbraum lässt sich nur dann entdecken, wenn man selbst Teil des „Rotlichtbezirkes“ wird, wenn man die Rauminstallation umschreitet und sich auf sie einlässt. Nur so können die Irritationen der Wahrnehmung behoben werden: das rote Licht, das gar keins ist und die scharfen, konstruierten Konturen der Aluminiumplatten, die sich im Licht auflösen.
Rita Rohlfings Rauminstallationen bewegen sich im Grenzbereich zwischen Skulptur und Malerei. Klare Strukturen, glatte Flächen und monochrome Farbigkeit bestimmen ihre Arbeiten. Sie bestehen meistens aus Materialien wie Plexiglas, Metall oder Folie. Doch Rita Rohlfing bringt in ihre scheinbar einfachen Werke Elemente hinein, die unsere Wahrnehmung irritieren. So stellen die Rauminstallationen der letzten Jahre zwar reale Raumkörper dar, die aber durch den Einsatz von meistens roter, diffuser Farbe – durch malerische Elemente – ihre klaren und scharfen Konturen verlieren.
Auch die Rauminstallation „Rotlichtbezirk“ bestimmen die realen Gegebenheiten, die Aluminiumplatten, die der Arbeit einen konstruierten, geometrischen Charakter verleihen.
Doch diese scheinbar stabile und überschaubare Konstruktion wird durch den diffusen, auf den ersten Blick nicht bestimmbaren Lichtraum aufgelöst. Während sie bei ihren früheren Rauminstallationen solche Farbräume oft geschlossen hielt, wird er von Rita Rohlfing im „Rotlichtbezirk“ geöffnet, zwar nicht begehbar, aber erst durch das Umschreiten der Rauminstallation erfahrbar gemacht.
Im „Rotlichtbezirk“, der bis jetzt größten Rauminstallation der Künstlerin, entsteht ein Spannungsverhältnis aus Raumkörpern, diffusen Farbtönen und der Wahrnehmung.
Katharina Chrubasik, Zwischen Raumkörper und Farbe – ROTLICHTBEZIRK – Eine Rauminstallation von Rita Rohlfing, in: RITA ROHLFING – ROTLICHTBEZIRK, Ausst.-Kat./exh. cat. Bonn, LVR-LandesMuseum Bonn, Bonn 2002, S./pp. 11–15